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Ulmen - die Maarhexenstadt

Bevor es Ulmen gab
Wissenschaftler haben es erst jüngst über Bohrkerne aus den Ablagerungsschichten des Ulmener Maares herausgefunden: Vor etwa 6400 Jahren nehmen die Blütenpollen der damals heimischen Baumarten sprunghaft zu; besonders die der Eschen und Ulmen, deren Triebe und Blätter noch nach Jahrtausenden als Viehfutter bevorzugt wurden. Der Rückschluss liegt nahe, dass die bis dahin nomadisierenden Menschen sich auf eine Waldweidewirtschaft umgestellt hatten, was wiederum voraussetzt, dass sie bereits Wildrinder und Wildziegen domestiziert hatten. Etwa 800 Jahre später – so zeigen es die Bohrkernanalysen – gehen die Baumblütenpollen deutlich zurück und machen Platz für nun stetig zunehmende Pollen damaliger Getreidearten – aus den „Hirtenleuten“ waren Ackerbauern geworden. Jedoch erst die neolithischen Menschen wiederum 2000 Jahre später hinterlassen uns im Ulmener Umfeld mit ihren Gebrauchsgegenständen habhafte Spuren.
 
Dagegen bleibt die folgende Kulturschicht der so genannten Bronzezeit, die etwa zwischen 1300 und 800 vor Christus Nordeuropa beherrschte, bei uns weitgehend anonym. Aber sie müssen auch hier gewesen sein, wie das die Pollenanalysen aus den Maarsedimenten verraten. Wir wissen lediglich von anderen Stellen, dass diese Kulturschicht, im Gegensatz ihrer Vorgänger, ihre Toten verbrannten und in Urnen dicht an dicht und anscheinend ohne soziale Unterschiede in die Erde brachten. Archäologen sprechen deshalb auch von der Urnenfelder – Kultur. So um 800 vor Christus denkt man anscheinend wieder an ein jenseitiges Weiterleben im Körper und bevorzugt erneut eine Ganzkörperbestattung. Aus dieser Epoche haben sie uns wohl ein Fürstengrab unter einem mächtigen Erdhügel in einem Durchmesser von etwa 40 Metern und einer verbliebenen Resthöhe von knapp fünf Metern in der nordwestlichen Gemarkung hinterlassen.
 
Nicht ohne Stolz bezeichnet man derartige Grabhügel auch als Pyramiden des Abendlandes, in denen Fürsten in großen Holzkammern und meistens unter ihrem Prunkwagen liegend, bestattet wurden. Mehrere Einzelgräber seiner Gefolgsleute hat man unweit davon beim Straßenbau freigelegt, aber ihre Wohn- und Aufenthaltsflächen bislang noch nicht ausfindig machen können. Dann etwa ab dem vierten Jahrhundert vor Christus vermisst man derartige Fürstengräber und mit ihnen auch die Körperbestattung – Verstorbene werden jetzt wieder verbrannt. Wer so handelt, löst den Toten im Feuer zu einem nicht leibhaftigen Wesen auf und betrachtet auch den „Götterhimmel“ anders als seine Vorgänger. Die Druiden werden jetzt Mittler zwischen Himmel und Erde. Sie residieren in so genannten Viereckschanzen, wo sie mit den Göttern kommunizieren. Beides, Grabstätten und „heilige Zonen“, findet man im nordöstlich vom Jungferweiher gelegenen Wald, als auch im ganz östlich gelegenen Gemarkungsteil, dem Hochpochtener Wald. Die Römer nannten diese Volksgruppe „galli“ (Gallier), die Griechen bezeichneten sie als „keltoi“ (Kelten). Ulmens damalige Zeitgenossen scheinen im zentralen Stammgebiet der Treverer gelebt zu haben, ihr Hauptort soll Treverorum (Trier) gewesen sein. Dem widersprechen allerdings die von Historikern oft zitierten zusammenhanglosen Führungsschichten aller keltischen Sippen und Stämme, als auch die gewonnenen Erkenntnisse aus einer archäologisch gut erschlossenen großen „oppida“ (Stadt) auf dem nahe gelegenen Martberg bei Pommern an der Mosel. Aber auch die Landschaft um Ulmen hatte seine „oppida“ (ursprünglich befestigter Platz) aus dem zweiten vorchristlichen Jahrhundert auf dem Plateau des 615 Meter hohen Vulkans „Höchstberg“. Weil aber archäologische Spatenstiche noch ausstehen, sind Deutungen kaum möglich, ob es sich um eine Stätte des dauernden Aufenthalts gehandelt hat, oder ob der zum Teil noch vorhandene Schutzwall einer Fliehburg diente. Platz fanden dort mehrere hundert Menschen. So seien dann der Spekulation auch keine Grenzen gesetzt, inwieweit Gaius Julius Caesar sich zwei Verkehrswege, die sich am Bergfuß kreuzten, zu Nutzen machte, als er mit seinen Legionen erstmals 55 vor Christus den Weg über den Rhein suchte. Nicht von ungefähr liegen dort die Reste eines römischen Landgutes, das man zu den größten in der Südeifel zählen darf.

Römerzeit
Typisch lateinisch klingen die ersten Ulmener Namensformen Ulmene, Ulmina und Ulmena, wobei die Endsilben auch keltisches Sprachgut im Sinne eines wassernahen Standortes verraten sollen. Zweifellos füllte der vom unsterblichen Vulcanus ausgeblasene Erdtrichter und das mit Wasser gefüllte Wahrzeichen Ulmens bei der Ortsgründung eine tragende Rolle, wobei Historiker anmerken, dass Ulmen ein typisches Straßenkind der römischen Epoche gewesen sei – entstanden im europäischen Gedanken, wie es jüngst wieder zur guten Sitte wurde. Doch unser Emporkömmling hatte offensichtlich schon im zweiten nachchristlichen Jahrhundert größere Aufenthaltsflächen erschlossen. Funde einfachen und edlen Tafelgeschirrs, Münzhorten sowie bronzener Skulpturen deuten auf ein frühes Forum und ein festes Castellum hin, die wir unter dem Schutt der Geschichte finden, wo auch grobe Fäuste des Mittelalters wieder Schild und Schwerter parierten.
 
Zwangsläufig herrschte dort schon lange vor den geharnischten Herren des Mittelalters die militärisch barsche Befehlsform des römischen Straßenwachdienstes in Sicherung tangierender Handelswege. Aber auch die Diener des Imperiums legten anscheinend größten Wert auf ihre eigene Sicherheit. Es scheint so, das ihre Ingenieure ihnen einen ausgeklügelten und auf hohem technischen Niveau stehenden Wasserschutzgürtel um den Burgberg projektierten, der von einem Stausee – wohl ähnlich dem heutigen Jungferweiher – über einen Tummel zum Maar und dann von dort aus nach Bedarf geflutet werden konnte. So darf der Ort sich heute gegenüber anderen vergleichbaren Ortschaften in Szene setzen, ihnen einiges voraus zu haben – ein frühstädtisches Ambiente, dass den meisten von ihnen erst mehr als 1000 Jahre später mit einer Mauer als Stadtrechtssymbol zuerkannt wurde.
Franken und frühes Mittelalter
Das so genannte finstere Mittelalter bleibt auch in Ulmen ziemlich dunkel, wobei hin und wieder doch einige Wunden aufgedeckt wurden, die von den erobernden fränkischen Völkern im fünften Jahrhundert nach Christus dies- und jenseits der historischen „Stadtmauer“ geschlagen wurden. Sie belichten heute die keltisch – romanisch urbane Atmosphäre des Ortes und sie hinterließen auch „Visitenkarten“ mit persönlicher Prägung: Mehrere spätfränkische Einzelgräber auf dem Kirchenberg – Plateau
 
und ein größeres zusammenhängendes frühfränkisches Gräberfeld an der Burgensüdseite. Nun wissen wir nicht, ob sie wegen ihrer angesagten Scheu gegenüber gemauerten Bauten den Burgberg zuerst gemieden haben oder den altgermanischen Rechtsstatus respektvoll beherzigten, dass alles, was keinen Besitzer hat, dem König zufällt, was auf die alten Quartiere, nach Abzug der römischen Oberschicht, sicher zutrifft. Nicht von ungefähr erscheinen dann auch die ersten „Ulmener“, die wir vom Namen her kennen, als Verwalter des Königs. Sie übernahmen von ihren römischen Vorgängern den mit Schutzmauern befestigten Burghügel und, wie wir auch wissen, deren bewährte „nasse Stadtmauer“. Zuerst nennen die Annalen der Abtei Steinfeld einen Walter v. Ulmen, der 1121 als Springiersbacher Augustinerchorherr in ihr Kloster berufen wurde, um dort das Klosterleben zu erneuern. Es waren wohl seine Brüder, die ab 1130 dem Cochemer Pfalzgrafen Wilhelm v. Ballenstedt mit Rat und Tat zur Seite standen. Er nennt die Ulmener seine Freunde ( „… ex meis amicis …“ ), womit er wohl auch ausdrücken wollte, dass sie, gleich ihm, Nutznießer und Verwalter von Reichsgütern seien. Bereits zwei Generationen später treffen wir auf die beiden bekanntesten Söhne Ulmens : Die Brüder Heinrich und Sibert v. Ulmen – beide 1215 Gäste des Staufers Friedrich II. bei dessen Königskrönung in Aachen und hernach als Siegelzeugen auf des Königs Urkunden. Heinrichs Name ist aufs engste mit der so genannten „Limburger Staurothek“ verknüpft, jenem prunkvollen byzantinischen Kreuzreliquiar, das er neben anderen Reliquienschätzen vom 4.Kreuzzug mit nach Ulmen brachte. 1217 ist er erneut im Zeichen des Kreuzes auf dem Weg ins heilige Land, während sein Bruder Sibert den König auf dessen Feldzug nach Italien begleitete und 1121 in Tarent erneut des Königs Urkundenzeuge wurde. Andere Familienmitglieder treffen wir in gehobenen Kirchenämtern – als Pröbste und Domherren in Trier oder als leitende Ordensfrauen in verschiedenen Klöstern zwischen dem Rhein und der Kyll. So wundern wir uns auch nicht darüber, dass der Ort vielleicht schon ab 1111, mit Sicherheit aber seit 1190, auf eine eigenständige Pfarrei zurückblicken darf. Eigentlich waren damit alle Voraussetzungen erfüllt, um sich im Orchester des freien rheinischen Landadels auf Dauer zu etablieren.
 
Doch es kam anders : Als König Adolf von Nassau dem Trierer Erzbischof Boemund 1294 die Reichsgüter Klotten und Cochem mit Burgen, Ländereien und Leuten ohne Rückkaufrecht verpfändete, hätte eigentlich auch Ulmen auf der Pfandliste erscheinen müssen, doch man sucht den Ort darauf vergebens; nicht ohne Grund, wie man feststellen darf. Seine exponierte Lage an der Schnittstelle damals wichtiger Heer- und Handelsstraßen hatten die Begehrlichkeit der Kölner Erzbischöfe geweckt, die gegenüber ihren Trierer Kollegen derzeit politisch noch im Vorteil waren. Noch aber durften die „Ulmener“ innerhalb ihrer Mauern eine eigenständige Politik betreiben und waren darin nur an die Gesetze und Weisungen des Königs gebunden – man war noch wer, im Kreis der freien Dynastien.

Unter dem Trierer Krummstab
So ab Mitte des 14. Jahrhunderts kam das Trierer Erzstift auf Umwegen zu Grund- und Herrschaftsansprüchen auf der Oberburg, die dessen umtriebiger Erzbischof Kuno von Falkenstein sogleich mit juristischen Mitteln untermauern ließ.
 
So ließ er in ein kaiserliches Sammelprivileg vom 31. Mai 1376 neben andern rheinischen Orten auch Ulmen hinzufügen. Nun hatte der befestigte Ort (oppida) mit den Stadtrechten nach dem Modell der Reichsstadt Frankfurt am Main einen neuen Rechtsstatus erlangt, der allerdings für die unteren Schichten weit davon entfernt war, sich daraus einen Rechtsanspruch einzuklagen, jedoch sie zogen ihre Profite daraus. Der freie „Hin- und Rückweg“ seiner Gäste war seitdem nicht mehr allein den Launen des Burgenadels ausgesetzt, wodurch der Aufschwung örtlicher Herbergen und der Handwerkerschaft außerordentlich befruchtet werden sollte. Daneben wurde mit der Erlaubnis zur Bildung einer Stadtgemeinde die Aufnahme von Hörigen fremder Herren und die Möglichkeit des überörtlichen Handelns gestärkt, was faktisch einer adeligen Leibeigenschaft den Nährboden nahm, und von dem weiteren Stadtprivileg Märkte abhalten zu dürfen, profitierte der Ort ununterbrochen bis auf den heutigen Tag. Hier treffen wir dann auch auf Gemeinsamkeiten mit anderen Städten: Seit spätestens 1424 hatten sich in Ulmen gleich drei Bruderschaften formiert, die über den kulturellen und sittlichen Alltag des Ortes wachten, mit der Wohlfahrtspflege und einem genannten Siechhaus soziale Lücken füllten, als auch im gewissen Sinn das städtische Zunftwesen (Handwerksrolle) koordinierten. Soviel Selbständigkeit stand jedoch im krassen Gegensatz zu den ehrgeizigen Plänen der Trierer Landesherren; aber, wir formulieren es hier sportlich salopp : „Ulmen hatte wieder einen Lauf“ – unterstützt von einer Oberschicht, die sich mit Unterstützung des Kölner Erzstifts auf der Niederburg häuslich eingerichtet hatte.
 
1550 appellierten diese Familien an die Adresse des Trierer Erzbischofs ihren Anspruch auf ein Mitrecht an der Landeshoheit und erinnern an die immer gemeinsam ausgeführte Gerichtsbarkeit, was fünf Jahre später einvernehmlich beurkundet und besiegelt wurde. 1653 wurde dann auch der Gemeinde ein eigenes Schöffengericht bestätigt, das zwischen dem Trierer Kurfürsten und dem Ulmener Adel schon 1573 verabredet worden war. Sieben Schöffenstühle wurden besetzt, die wahrscheinlich schon in einem „Spilles“ (Rathaus) standen, das wir aus dem Jahr 1672 kennen. Dort wachten die Ratsherren auch auf die Einhaltung einer löblich genannten Polizei- und Gemeindeordnung aus dem Jahr 1537 und bedienten sich eines Schöffensiegels aus der Zeit um 1573 sowie einer Zweitprägung aus dem Jahr 1654. Hingegen bleibt ein aufgeschlossener Zeitgeist unerwähnt, der es den örtlichen Kindern ermöglichte eine Schule zu besuchen. Deren Stuben, die nach einem gefundenen Visitationprotokoll aus dem Jahr 1621 wegen kriegerischen Zeiten (Dreißigjähriger Krieg) vernachlässigt wurden, erfahren wir 1663 ebenfalls im „Spilles“. Demzufolge waren sie schon weitaus früher eingerichtet. Wir sehen, die Plazenta einer wachsenden Stadt war gut ausgebildet und wenn es erlaubt ist, den damaligen Wirtschaftsstandort Ulmen mit einem außergewöhnlichen „Wirtschaftsbarometer“ zu messen, dann muss man aus heutiger Sicht bestätigen: „Die Bilanzen stimmten“. Neben einer unbekannten Menge an Bier, das in einem örtlichen Brauhaus gebraut wurde, verzollten Ulmens Gastronomen und Herbergsväter an manchen Jahren dieses Jahrhunderts bis zu 33 ½ Fuder Wein, ungeachtet jener 56 Fuder, die der Adel alljährlich unverzollt empfangen hat. An diesem „Wirtschaftswunder“ hatte allerdings auch das Trierer Erzstift Anteil, weil einige seiner Kurfürsten in dem und dem vorausgegangenen Jahrhundert ihre Ämter Cochem, Daun und Ulmen vereinigten und von Ulmen aus verwalten ließen, was den Standart Ulmens zusätzlich düngte. Des Ortes Sahne war zu Butter geworden, bevor wieder einmal fremde Mächte drohend an seinen Toren rüttelten. Zuerst waren es die Horden des Franzosenkönigs Ludwig XIV., die den Ort 1689 in Schutt und Asche legten. Ihnen folgten ab 1701, mit kurzen Unterbrechungen bis 1763, andere kriegerische Halunken, die die Eifelhöhen brandschatzend und mordend durchzogen. Während dieser Jahre zog sich der Ulmener Adel nach und nach in sichere Sphären zurück – Menschen, die mit ihrem weitreichenden Einfluss Ulmen immer befruchtet haben, Familien, deren Töchter und Söhne in geistlich hohen Ständen seit 1389 in Trier ein eigenes Curialhaus (Domkurie Ulmen) unterhielten oder jene, aus deren weiteren Familienumfeld zwei Erzbischöfe nach Trier berufen wurden. Doch bevor 1789 in Paris die Bastille erstürmt wurde, hatte auch der letzte des Adels seine Behausung in Ulmen aufgegeben – der Ort war auch wegen der ständigen Kriegslasten und Kontributionen völlig ausgeblutet.

Französische Trikolore und preußischer Adler
Als die Franzosen ab 1794 auch im Rheinland den erzbischöflichen Krummstab zu strecken begannen und mit ihren blau – weiß – roten Fanalbändern schmückten,
 
strukturierten sie auch die kommunalpolitische Landschaft neu, wobei Ulmen wieder in den Kreis repräsentativer und kompetenter Ortschaften eingereiht wurde. Schon im Jahr 1795 nennt man eine eigenständige Mairie (Bürgermeisteramt), die wenig später mit der Mairie Kelberg zum Kanton Ulmen zusammengefasst wurde. Analysiert man dessen Strukturen und die Anzahl der dazu gehörenden Dörfer, die im Dezember 1797 (le 24° Frimaire, 5°° Anneè Republ.) mit 33 aufgelistet wurden, lassen sich Größenverhältnisse mit kleineren preußischen Landkreisen ohne weiteres herstellen. Die ehemals zum Kölner Bistum gehörende Pfarrei erhielt 1802 den Rang einer Kantonspfarrei mit dem in Ulmen amtierenden „curé“ Burkard an der Spitze, der nebenbei auch als Schulinspektor fungierte und gegenüber den vier Succursalpfarreien Alflen, Kelberg, Ürsfeld und Uess weisungsbefugt war. In Ulmens guten Stuben wurden 1808 ein Friedensgericht und 1811 ein Notariat eingerichtet. Wir sehen weiter: Ulmen beschritt wieder Erfolg versprechende Wege, die letztlich dann aber vom preußischen Adler versperrt wurden. Seine Beamten bevorzugten im Rahmen einer Verwaltungsreform die Ortschaften entlang des Postkutschenwegs Polch – Kaisersesch – Lutzerath – Wittlich und steuerten dabei Ulmen – trotz heftigster Proteste bis an allerhöchste Stellen – ungehört in eine politisch und wirtschaftlich bedeutungslose Sackgasse. Am 1.Januar 1816 wurde der Ort, der bis dahin immer nur eine Selbstverwaltung gekannt hatte, der kurz vorher gegründeten Amtsbürgermeisterei Lutzerath untergeordnet. Selbst Sympathiebekundungen mehrerer bis dahin zum Kanton Ulmen gehörender Orte, die für einen Verwaltungsstandort Ulmen plädierten, blieben ohne Widerhall. Nur wenige Jahre später wurden das Friedensgericht und das Notariat aufgelöst und über Ulmens Tallandschaft legten sich dunkle Schatten der Resignation. Sie lichteten sich auch nur unwesentlich, als die uralte Weinstraße von der Mosel über Ulmen nach Adenau wieder an Bedeutung zunahm und dem Ort 1848 eine königliche Poststation bestätigt wurde. Das änderte sich erst wieder gegen 1887, als die heutige B 257 ausgebaut und die Eisenbahnstrecke Mayen – Ulmen – Daun – Gerolstein 1895 feierlich eröffnet wurde.
 
Plötzlich stand Ulmen wieder im Mittelpunkt des Verkehrsgeschehen und schon tot geglaubte Innovationen erwachten zu neuem Leben. Am Ulmener Bahnhof entwickelte sich ein Gewerbe- und Handelszentrum mit zwei größeren Handelshäusern für Getreide, Kohlen und Baustoffe. Dazu gesellte sich ein Fachhandel für landwirtschaftliche Maschinen, als auch eine Großschlächterei mit Hotel. Ein Sägewerk legte seine Kapazität so aus, dass auch die Bedürfnisse des weiteren Umlandes abgedeckt werden konnten, und ein auswärtiger Investor ließ unweit davon Briketts maschinell aus Torf pressen, der in der Landschaft des heutigen Jungferweihers gestochen wurde. Schließlich befruchteten Eisenbahn und Straßen (heute B 257 u. 259) die Ulmener Kram- und Viehmärkte wieder so, dass sie zu den Größten in der Südeifel zählten. Als dann 1926 ein Wasserzweckverband auf Amtsebene gegründet wurde, der sein Wasser ausschließlich aus den Filtratgründen des Maares schöpfte, hat man sich auch politisch wieder etwas aus dem Fenster lehnen dürfen. Greifen wir zuletzt auf den Volksmund zurück, dass derjenige der feste arbeitet auch Feste feiern darf, zeigen das am eindrucksvollsten die drei Ulmener Tanzsäle, die während dieser Ära von etwa 1200 Einwohnern gefüllt wurden. So bleibt dann weiterhin die Frage im Raum haften: Welche Reise hätte der Ort in die Zukunft genommen, wenn die beiden unseligen Weltkriege im Sandkasten stattgefunden hätten? Wohin auch immer? – der Ort aber wäre nicht aus edlem Holz geschnitzt, hätte er auch diese Scharten inzwischen nicht wieder gründlich geglättet.

Heute
Mit dem Einzug amerikanischer Truppen am 6. März 1945 endeten für Ulmen die Schrecken des Zweiten Weltkrieges. Wie anderswo hatte er auch hier schmerzliche Wunden hinterlassen, die überdurchschnittlich tief geschlagen waren. Lag doch der Ort an der Bahnstrecke, über die ein Großteil der Kriegsgüter an die Westfront rollte, und der Bahnhof, wo Hitlers „Wunderwaffen“ V1 und V2 verladen wurden, häufig als Ziel alliierter Luftangriffe diente. Doch bei allen materiellen Verlusten war das Wehklagen über die gefallenen und vermissten Söhne des Ortes nicht zu überhören, das aus fast allen Häusern drang. Gewiss, an Grundnahrungsmitteln mangelte es in den ersten Nachkriegsjahren nicht; sie reichten auch für die zahllosen Heimatvertriebenen aus, die der Ort in seinen Mauern aufnahm – schließlich blühte in jedem Haus das Kleinbauerntum. Ganz ungeniert bediente sich die französische Besatzungsmacht während der Phase dann aber unserer Wälder und rodete fast alle baufähigen Fichtenhölzer. So war das Wirtschaftswunder nach Ulmen etwas länger unterwegs. Dann aber – der Ironie zum Trotz – war es wieder einmal das Militär, das in Ulmen Schicksal spielte, jetzt aber in seiner positiven Form. Anfang der 1950er Jahre begann die französische Militärverwaltung mit dem Bau eines Munition – Depots im so genannten Hochpochtener Wald, dem wenige Jahre später der Bau des Militärflugplatzes Büchel folgen sollte. Ulmen wurde 1962 Kasernenstandort eines Luftwaffenabwehrbataillons, und schon 1959 Bauplatz einer großen Wohnsiedlung für Angehörige der Bundeswehr. Als dann 1973 die Amtsstuben der Verbandsgemeinde – Verwaltung in Ulmen Quartier bezogen, ging es mit der Sozial- und Wirtschaftsstruktur steil nach oben.
 
Dann aber – 1995 – schallte es wie Donnerhall: „Die Kaserne wird geschlossen“. Fast über Nacht verlor die Gemeinde die Kaufkraft von einigen hundert Soldaten und über 100 zivile Arbeitsplätze. Mittlerweile wurde dieses Wirtschaftsvakuum allerdings wieder erfolgreich gefüllt und positiv in die Stadtstruktur eingebunden. Gottlob wurden auch die Güter rechtzeitig in den örtlichen Wirtschaftskreislauf eingebunden, von denen wir im Überfluss haben: Kultur, Natur und Landschaften, eine leistungsfähige Gastronomie, 20 Privatpensionen und ein naturnaher Campingplatz laden sie ein, an unserem Wohlseinbefinden teilzuhaben. Wie äußerte sich kürzlich ein offensichtlich zufriedener Feriengast: „Wenn ich an einem lauschigen Sommerabend an der Burgruine sitze und auf das einschlafende Maar schaue, vergesse ich Raum und Zeit“.
 
Plötzlich versteht man die Philosophie eines irischen Fischers: „Das Feuer ist Gottes Berührung, und das Licht ist Gott selber. Aber das Wasser ist die Mutter des Lebens“. Ach ja, wenn man lange genug dort sitzt und intensiv in den Maarkrater schaut, kann man sie mit etwas Glück auch sehen, die legendären Ulmener Maarhexen, wenn sie auf ihren Besen aus dem bewaldeten Teil des Kraterrandes aufsteigen, eine Warteschleife um den Kirchturm drehen, bevor sie ihre Startgenehmigungen zum Blocksberg erhalten…
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Hier endet nun ein langer Lebenslauf, der aus Platzgründen extrem gestrafft wurde. Demjenigen, der es etwas ausführlicher haben möchte, sei die zum Millennium erschienene Ortschronik zum Nachschlagen empfohlen, die auch dem Verfasser an der Stelle als Kronzeugin diente. Ihre Pension hält sie zum Lesen für Sie bereit.